Nattertal - Ki und der Kreis des Schweigens (German Edition) by Cornelia Lotter

Nattertal - Ki und der Kreis des Schweigens (German Edition) by Cornelia Lotter

Autor:Cornelia Lotter [Lotter, Cornelia]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi
veröffentlicht: 2017-04-20T22:00:00+00:00


16. Kapitel

Nachdem Ki am Vormittag erneut in der Kinderbetreuung gearbeitet hatte, joggte sie nach dem Mittagessen eine große Runde im Wald. Als sie losgelaufen war, hatten sich schon die ersten dunklen Wolken am Himmel zusammengeballt. Dass es dann aber so schnell ging, hatte sie doch überrascht. Am Haus von Georg Schumann stellte sie sich unter, weil der Regen so stark war, dass Ki Gefahr lief, zu stürzen. Sie war bereits komplett durchnässt und hatte Sorgen, dass das Handy in ihrer Jackentasche Schaden nehmen würde. Ki stand erst wenige Minuten unter dem Vordach, als sich die Haustür öffnete und der Jäger sie ins Trockene zog. Tropfend stand sie im Hausflur und es entstand ein kurzer peinlicher Moment.

„Ziehen Sie die Schuhe aus und gehen Sie ins Bad! Trocknen Sie sich ab, föhnen sich Ihre Haare, und wenn Sie wollen, ziehen Sie den Bademantel an, der da hängt! Dann können Ihre Sachen auf der Heizung trocknen.“

Ki folgte den knappen Anweisungen des Mannes. Wer wusste schon, wie lange es noch so wie aus Kübeln schütten würde. Vielleicht ergab sich hier ja eine Gelegenheit, mehr aus dem wortkargen Kerl herauszubekommen.

Das Bad war erstaunlich sauber und aufgeräumt. Kurz fragte sich Ki, ob Schumann eine Frau hatte, die hier für Ordnung sorgte. Oder alternativ eine Putzfrau. Diesen Luxus hatte sich Ki ebenfalls schon öfter für sich gewünscht. Sie hasste Putzen.

Ein kurzer Blick auf die Ablage und in den Spiegelschrank zeigte ihr jedoch, dass Schumann allein lebte. Eigentlich schade, dachte Ki, er ist doch gar nicht so unansehnlich.

Ki rubbelte sich mit einem Handtuch ihre Haare halbwegs trocken, den Rest besorgte sie mit dem Föhn. Die nassen Joggingklamotten hängte sie auf den Handtuchheizkörper, den sie auf die höchste Stufe stellte. Da auch ihr Slip und ihr Unterhemd nass waren, entschied sie sich nach kurzem Überlegen, auch diese auszuziehen. Nachdem sie sich die Haut ebenfalls trocken gerubbelt hatte, schlüpfte sie in den grauen flauschigen Bademantel, der an der Tür hing und betrat wieder den Flur.

Sie folgte der leisen Klaviermusik, die aus einem Raum drang und stand im Wohnzimmer. Im Kamin prasselte ein Feuer und auf dem Couchtisch standen zwei dampfende Tassen.

„Ich habe uns einen Tee gemacht“, erklang eine Stimme in ihrem Rücken, und Ki zuckte erschrocken zusammen.

„Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken“, sagte Georg Schumann und stellte den Teller mit Gebäck, den er in der Hand hielt, ebenfalls auf dem Tisch ab. Mit einer Handbewegung forderte er Ki auf, sich auf den Sessel zu setzen. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihr, dass draußen eine Weltuntergangsstimmung herrschte. Obwohl es mitten am Tag war, schien es, als sei bereits die Nacht hereingebrochen.

„Das Wetter wechselt hier oft ziemlich schnell“, sagte der Mann, der sich ihr gegenüber auf die Couch setzte. Ki nahm die heiße Teetasse und pustete, bevor sie einen Schluck trank. Ingwer mit Zitrone, das mochte sie besonders. Schweigend tranken sie, und das Knistern der brennenden Holzscheite war das einzige Geräusch, das neben dem Toben des Unwetters zu hören war.

„Wie lange leben Sie eigentlich schon hier im Tal?“, wollte Ki jetzt wissen.



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